Ab wann sind wir zu alt für lange Haare oder Leggings?

Das fragt im Mai 2022 ein Schweizer Online-Magazin und stützt sich dabei auf eine 11 Jahre alte Studie des britischen Unternehmens Diet Chef. 2020 titelt die Grazia  “In diesem Alter sind Miniröcke für Frauen tabu – laut Studie” und die Jolie schreibt 2019 “Ab diesem Alter sollten Frauen keine langen Haare mehr tragen” (diesmal basierend auf einer Erhebung britischer Marktforscher der Altersvorsorge Retire Savvy).

Dieselbe Frage – und alle Jahre werden Vorstellungen über vermeintliche No-Gos für erwachsene Frauen wiederholt. Mal ganz abgesehen von der Qualität des Studiendesigns, welche Bedeutung haben diese Aussagen und ihr ewiges Repetieren? 

Gehören Meinungen wie “ab 54 nur noch kurze Haare”, “mit 45 keine Leggins mehr”, “Bikini nicht mehr ab 47, Badeanzug nicht nach 61” nicht längst vollständig der Vergangenheit an? Wurden sie nicht mehrfach von der Modeindustrie überholt?

Führt es, wenn man sich den Ergebnissen einer mehr als 10 Jahre alten Umfrage bedient und diese immer wieder neu aufkocht nicht genau dazu, dass sich Vorbehalte weiter manifestieren? Und ist das nicht der Nährboden für Bodyshaming, hässlich gepaart mit Altersdiskriminierung? Vorrangig trifft es Frauen, aber natürlich sind längst auch Männer gemeint, die sich genau überlegen, ob ihre Kleidung nicht zu ‘berufsjugendlich’ wirken könnte.

Fest steht: Das Altern hat keinen guten Ruf. Und die negative Erzählweise ist tief in unserer Kultur verankert. Fest steht aber auch: Diversität und Freiheit sind grundlegende Werte unserer Gesellschaft. Und Altersbeschränkungen für Frisuren, Kleidungsstücke, Interessen oder Vorlieben, die gibt es nicht. 

Nicht nur in den Social Media Kanälen zeigt sich längst ein viel offenerer und befreiter Umgang mit unseren Vorstellungen vom Alter.

Get Social with your Grandparents

Dass Jung und Alt einen entspannten und lebensfrohen Umgang miteinander haben, lässt sich auf Instagram und TikTok beobachten. Hier zeigen sich Enkel in aller Selbstverständlichkeit mit ihren Großeltern. Und überwinden damit gängige Klischees. Vielleicht wirkt es manchmal etwas überspannt in der Darstellung. Und doch steht der Spaß und die Aktivität innerhalb der Generationen im Vordergrund.

Eines der Großeltern-Enkel-Duos zeigt der Account @jaadiee mit über 1 Million Followern. Jannik hat angefangen, die Begeisterung seines Großvaters Alojz, 74, für Streetwear sichtbar zu machen. Und das machen die beiden ziemlich gut und ziemlich erfolgreich.

Die 91-jährige Italienerin Licia @liciafertz ist der Star des Instagram Accounts ‘Buongiorno Nonna, unterstützt und begleitet von ihrem Enkel. Licia hat 154 Tausend Follower, sie selbst bezeichnet sich als

Accidentally Aged Model & Influencer. 

Großeltern-Enkel-Duos in Social Media sind also längst keine Randerscheinungen mehr. 

Es ist eine sehr familiäre Form der Darstellung generationsübergreifenden Lebens und lebt davon, dass die Akteure Lust auf Neues und keine Berührungsängste haben.

Und dann sind da noch die Granfluencer

„Granfluencer“ heißt die Mischung aus Senior (Grandparent) und Influencer. Und ja, auch auch Influencer haben keine Altersbeschränkung. Sie zeigen ebenso wie ihre jüngeren Pendants alles von Gartentricks, Sportbegeisterung oder einfach nur persönlichen Style. Wie zum Beispiel der hippe, meist tanzende @g.krabbenhoft,  77 Jahre. Oder die Amerikanerin @trainwithjoan, die  ihren 1,6 Mio Followern zeigt, dass Fitness und positives Körpergefühl keine Frage des Alters sind. Aber auch unaufgeregte Vertreter der Granfluencer wie @marions_mood finden ihr Publikum. 

Das alles sorgt nicht nur altersübergreifend für gute Unterhaltung, sondern zeigt Vielfalt, verändert Sehgewohnheiten und hilft, Stereotype zu überwinden. Weiter so!